Legal Fees im Wandel: Was Rechtsabteilungen jetzt beim Pricing bedenken müssen.
30. Oktober 2025
Sophie Martinetz, Managing Partner Future-Law
Mit der zunehmenden Nutzung neuer Technologien, insbesondere Künstlicher Intelligenz (KI), wächst in Rechtsabteilungen die Hoffnung, und bei einigen bereits die Erwartung, dass sich diese Fortschritte auch in den externen Rechtsberatungskosten bemerkbar machen. Doch die Realität ist ernüchternd: Trotz wachsender Effizienz in Kanzleien bleiben die Rechnungen in den meisten Fällen konstant oder steigen sogar.
1. Erwartung vs. Realität: Wo wir wirklich stehen
Viele Inhouse-Jurist*innen gehen inzwischen davon aus, dass Legal Tech, Automatisierung und Standardisierung bei Kanzleien zu sinkenden Kosten führen müssten. Aber die bisher verfügbaren Studien, insbesondere aus den USA und UK, zeigen: Es gibt (noch) keine messbaren Kosteneffekte. Der Markt bewegt sich zwar vor allem durch den Druck der Mandantenseite, aber meist nur in Richtung Kostenstabilisierung, nicht Kostenreduktion. Zwar gibt es mehr alternative Anbieter, mehr Paketangebote und mehr Vergleichbarkeit, doch der tatsächliche Einfluss auf die Gesamtkosten ist bislang begrenzt.
2. Der Wandel auf Kanzleiseite: Von der Stunde zum Produkt
Kanzleien beginnen, sich auf die „neue Welt“ vorzubereiten: Sie standardisieren Mandatsprozesse, paketieren wiederkehrende Leistungen und kalkulieren Festpreise für definierte Services. Das bedeutet einen tiefgreifenden kulturellen Wandel: Weg von individueller Fallbearbeitung, hin zu klar definierten Leistungseinheiten, und einer neuen Form von Transparenz und Kalkulierbarkeit. Damit entsteht auch für Rechtsabteilungen ein völlig neues Spielfeld: Statt Preise zu verhandeln, müssen sie künftig Leistungsdefinitionen vergleichen und bewerten können.
3. Was Rechtsabteilungen jetzt vorbereiten sollten
Um diese Entwicklung aktiv zu gestalten und nicht nur darauf zu reagieren sollten Rechtsabteilungen drei Ebenen strategisch angehen:
a) Struktur und Daten
Rechtsabteilungen müssen verstehen, welche Mandatstypen sie regelmäßig einkaufen und wie diese sich preislich und inhaltlich unterscheiden.
Dafür braucht es:
- eine systematische Erfassung der externen Mandate (z. B. nach Typ, Umfang, Ergebnis, Preis),
- Benchmarks für wiederkehrende Tätigkeiten,
- und eine transparente Datenbasis, die Vergleichbarkeit schafft.
Nur wer seine eigenen Bedarfe kennt, kann am Markt gezielt einkaufen.
b) Prozesse und Governance
Legal Procurement wird zunehmend zu einer eigenen Disziplin.
Damit Mandate künftig auf Basis objektiver Kriterien vergeben werden können, müssen Rechtsabteilungen:
- klare Vergaberichtlinien entwickeln,
- digitale Ausschreibungen nutzen,
- und interne Freigabeprozesse vereinfachen.
Gerade bei Festpreisangeboten sollte definiert sein, welche Leistungen inkludiert sind, welche optional sind und wie Change Requests preislich behandelt werden.
c) Zusammenarbeit und Erwartungsmanagement
Auch intern müssen Rechtsabteilungen neue Erwartungshaltungen managen:
Wenn Preise planbarer werden, müssen auch die internen Stakeholder (Fachabteilungen, CFO, Einkauf) verstehen, dass Planungssicherheit nicht automatisch „billiger“ bedeutet, sondern professioneller und steuerbarer.
Das setzt voraus:
- gemeinsame KPIs für Qualität, Geschwindigkeit und Kosten,
- regelmäßige Vendor Reviews,
- und den Mut, Kanzleien nach objektiven Kriterien zu vergleichen – nicht nach Bauchgefühl.
4. Die neue Rolle der Rechtsabteilung: Vom Empfänger zum Gestalter
Rechtsabteilungen, die heute beginnen, ihre Beschaffung von Rechtsdienstleistungen zu professionalisieren, sichern sich langfristig einen Wettbewerbsvorteil. Denn sie entwickeln sich vom passiven Nachfrager zum aktiven Marktgestalter. Künftig geht es nicht mehr darum, „Rechnungen zu verhandeln“, sondern Leistungsarchitekturen zu bauen:
- Welche Leistungen müssen individuell bleiben?
- Welche können modularisiert oder standardisiert eingekauft werden?
- Wo kann Technologie (z. B. KI-gestützte Due-Diligence oder Vertragsanalyse) Prozesse beschleunigen?
So entsteht eine integrierte Legal Operations-Strategie, die Preis, Leistung und Wert miteinander verbindet.
5. Fazit: Pricing ist kein Einkaufsthema, sondern ein Steuerungsthema
Das Thema Pricing ist für Rechtsabteilungen kein rein operativer Einkaufspunkt mehr. es ist Teil der strategischen Steuerung von Legal Value: Wie viel ist uns Recht wert und wie messen wir das?
Wer das frühzeitig versteht, kann den Dialog mit externen Kanzleien auf Augenhöhe führen – datenbasiert, transparent und wertorientiert. Die Rechtsabteilung der Zukunft verhandelt nicht mehr über Stunden, sondern über Ergebnisse, Effizienz und Wertbeiträge. Aber dazu braucht es Daten und eine Strategie – nehmen Sie sich die Zeit, es ist es wert.
—————————————————————-
Daten und Abbildungen stammen aus dem Bericht „Pricing Legal Services – Zwischen Erwartung und Wirklichkeit“ (Oktober 2025), Auswertung von internationalen Marktstudien:
- 2026 Legal Budgeting Report – In-House Legal’s Journey to Value (Axiomlaw)
- 2025 Hourly Rates in Am Law 100 Firms (Brightflag)
- 2025 State of the US Legal Market (Thomson Reuters)
- 2026 Law Firm Rates Report (Thomson Reuters)