Mit Knowledge Management zum Erfolg!

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Dem Knowledge Management hat sich Mathias Knafl, Knowledge Manager bei der Anwaltskanzlei E+H Eisenberger + Herzog, verschrieben. Gemeinsam mit dem Legal Tech Unternehmen Bigle Legal entwickelte die Kanzlei ein Tool zur Verbesserung des Dokumentenmanagement. Im Interview mit Legal Tech Times erzählt Knafl von der Zusammenarbeit mit Bigle Legal, Problemen und dem Mehrwert für die Mandant*innen.

Legal Tech Times: Warum ist Knowledge Management wichtig?

Knafl: Mit steigender Anzahl der Mitarbeiter*innen wird es für die einzelnen Jurist*innen immer schwieriger den Überblick zu wahren, über welches Know-How die Kanzlei insgesamt verfügt. Das führt oftmals dazu, dass bei der täglichen Mandatsarbeit „das Rad neu erfunden wird“, statt, dass auf bestehendes Wissen zurückgegriffen wird. Um das zu veranschaulichen zwei einfache Beispiele:

Eine ausländische Mandantin möchte gerne eine Übersicht zur Corporate Governance einer österreichischen GmbH. Für ein solches Memo kann heutzutage in der Regel nicht mehr der tatsächliche Zeitaufwand für die Erstellung verrechnet werden, sondern es wird die Arbeit durch ein Pauschalhonorar abgegolten. Wenn ich hier damit beginne, dieses Memo von Grund auf neu zu schreiben, werde ich nicht kostendeckend arbeiten können. Dabei hat vielleicht gerade ein*e Kollege*in vor kurzem ein entsprechendes Memo erstellt, sodass ich mit minimalem Aufwand das von der Mandantin gewünschte Ergebnis liefern könnte.

Auch beim sogenannten „Corporate Housekeeping“ – d.h. der laufenden Betreuung von Unternehmen bei routinemäßigen gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten – kommt es oftmals zu ähnlichen Situationen, etwa wenn eine Mandantin kurzfristig alle für die Durchführung eines Wechsels in der Geschäftsführung erforderlichen Dokumente benötigt. Bei den für solche Aufgaben üblichen Honoraren werde ich wiederrum nicht kostendeckend arbeiten, wenn ich diese Unterlagen erst gesondert erstellen muss.

Wenn aber in der Kanzlei durch ein entsprechendes Knowledge Management gewährleistet ist, dass erarbeitetes Know-How laufend systematisch abgelegt und für alle Mitarbeiter*innen zugänglich gemacht wird, können auch die zuvor genannten Aufgabenstellungen kostendeckend bearbeitet werden. Ein Blick auf internationale Top-Kanzleien zeigt, dass deren anhaltender Erfolg auch auf das entsprechend gut organisierte Knowledge Management zurückzuführen ist.

Wieso haben Sie sich entschieden dieses Thema durch ein Legal Tech Tool zu unterstützen?

Gerade die eingangs genannten Beispiele zeigen, dass es einer Kanzlei mittlerweile nicht mehr möglich ist, ihre Dienstleistungen immer zu einem stundenbasierenden Honorar zu erbringen. Ungeachtet dessen, ist es natürlich für den Aufbau und die Pflege einer guten Mandant*innenbeziehung unerlässlich, dass auch kleinere Aufgaben rasch und in der gewohnt hohen Qualität erledigt werden.

Wir haben uns daher im Rahmen unserer Digitalisierungsgruppe überlegt, welche Software-Lösungen uns in diesem Bereich helfen können, rascher und effizienter zu arbeiten. Dabei hat sich schnell gezeigt, dass gerade für das Corporate Housekeeping ein Dokumentengenerator sehr hilfreich wäre.

Da man über ein solches Tool die Nutzer*innen gezielt durch ein Dokument „führen“ kann, sodass alle benötigten Informationen abgefragt werden, lassen sich Standarddokumente rasch und inhaltlich richtig erstellen, und zwar unabhängig davon, ob die jeweiligen Nutzer*innen bereits über Erfahrung in der Erstellung dieser Dokumente verfügen. Wenn Dokumente durch Kolleg*innen am Anfang ihrer juristischen Karriere vorbereitet werden, verringert sich dadurch natürlich auch der Aufwand für die finale „Qualitätskontrolle“ durch die jeweiligen Ausbildungsanwält*innen erheblich.

Durch eine entsprechende „Begleitdokumentation“ zu den automatisierten Mustern haben die jüngeren Konzipient*innen aber auch die Möglichkeit die rechtlichen Hintergründe und Zusammenhänge kennen zu lernen. Uns ist es sehr wichtig, dass neue Mitarbeiter*innen in ihrer täglichen Arbeit dieses juristische Wissen erlernen können und auch verstehen warum die Dinge auf eine gewisse Art und Weise gemacht werden müssen. Auch dadurch steigert sich letztlich die Qualität unserer Arbeit für die Mandant*innen.

Was ist der Mehrwert für die Mandant*innen?

Der Mehrwert für die Mandantschaft liegt einerseits darin, dass unsere „Reaktionszeiten“ auf Anfragen noch kürzer werden. Andererseits wird die raschere Erledigung aber nicht zu Lasten der Qualität unserer Arbeit gehen, sondern es wird sich diese noch weiter steigern.

Unser offener Zugang zu Innovationen in diesem Bereich ermöglicht es den Mandant*innen zudem auch daran zu partizipieren, ohne sich selbst im Detail mit den verschiedensten Software-Lösungen auseinandersetzen zu müssen.

Wie haben Sie Ihren Legal Tech Partner gefunden?

Als Mitglied des Legal Tech Hub (LTH) haben wir die Möglichkeit mitzubestimmen, welche Start-Ups in das jährliche Accelerator-Programm aufgenommen werden. Deshalb konnten wir mit Bigle Legal einen Anbieter für einen Dokumentengenerator für das Accelerator-Programm wählen und hatten sodann in diesem Rahmen die Möglichkeit deren Tool intensiv zu testen.

Über den herkömmlichen Weg – d.h. in der Regel eine Online-Demo gefolgt von einem kurzen Piloten – hätten wir eine solche Software-Lösung sicherlich nicht derart umfassend „unter die Lupe nehmen“ können.

Wie hat die Zusammenarbeit funktioniert?

Auf Grund des Settings im LTH war die Zusammenarbeit von Anfang an von einem wechselseitigen Austausch geprägt. Im Vergleich zu einem „herkömmlichen“ Piloten hatten wir die Möglichkeit unsere Vorstellungen und Anforderungen an einen Dokumentengenerator intensiv mit Bigle Legal zu besprechen.

Dabei hat sich einerseits schnell gezeigt, dass die Lösung von Bigle Legal für unsere Anforderungen das richtige Tool ist. Andererseits waren wir auch positiv überrascht, wie schnell und unkompliziert auf unsere Wünsche eingegangen wurde.

Bei der Entscheidung zur Einführung von Bigle Legal waren natürlich auch die sich bei der Verwendung einer SaaS-Lösung ergebenden IT-relevanten Fragen zu beurteilen. Diese Aufgabe hat unsere IT-Abteilung übernommen.  Zudem konnten wir auch beim internen Roll-Out auf die Erfahrungen unserer IT-Spezialist*innen zurückgreifen.

Welche Probleme gab es?

Eines der Hauptprobleme war sicherlich, dass zu Beginn der Gespräche über eine Zusammenarbeit die standesrechtlichen Rahmenbedingungen nach einem Server-Standort in Österreich verlangt haben. Gerade für ausländische Start-Ups war diese Vorgabe eine nicht unwesentliche Hürde, da die Schaffung einer gesonderten Server-Struktur in Österreich mit zusätzlichen Kosten verbunden ist, die ein Start-Up nicht immer ohne weiteres tragen kann.

Da sich zu diesem Zeitpunkt jedoch schon abgezeichnet hat, dass über eine entsprechende Anregung des LTH eine Anpassung der betreffenden Bestimmung der RAO erfolgen wird, konnten wir mit Bigle Legal eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung für dieses Thema erarbeiten.

Ein weiteres Problem war auch die COVID-19-Pandemie, die die interne Entscheidungsfindung verzögert hat. Der Pilot mit Bigle Legal im Rahmen des LTH ist Ende Jänner 2020 ausgelaufen. Da durch diese für uns alle neue Situation bei den zuständigen Partnern entsprechende Ressourcen gebunden waren, hat es dann doch bis Mitte 2020 gedauert, bis wir die Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit mit Bigle Legal ausverhandeln konnten.

Hat das Tool in Ihrer Kanzlei etwas verändert?

Da wir das interne Roll-Out erst Mitte Jänner dieses Jahres hatten, lässt sich diese Frage ehrlicherweise noch nicht wirklich beantworten. Die erste Resonanz der Kolleg*innen ist jedoch sehr positiv.

Es wird auch die Aufgabe des Knowledge Management sein, alle Jurist*innen bei dieser neuen Art der Dokumentenerstellung zu unterstützen. Letztlich bin ich aber davon überzeugt, dass es nach der ersten Anwendung für alle Nutzer*innen offensichtlich sein wird, welche Zeitersparnis erreicht werden kann. Wenn ich von meinen eigenen Erfahrungswerten ausgehe, wird das Tool die Anwender*innen somit von sich aus überzeugen.

Würden Sie es nochmal machen?

Auf jeden Fall! Gerade wenn man ein konkretes Problem zu lösen hat und dazu die passende Software-Lösung findet, sieht man recht bald, dass die anfangs investierte Zeit schnell „hereingespielt“ wird.

Unser Plan ist jedenfalls den Einsatz von Legal-Tech-Lösungen auch zukünftig zu forcieren. Deshalb sind wir aktuell auch intensiv auf der Suche nach einem*einer Mitarbeiter*in für diesen Bereich, sodass wir diese immer wichtiger werdende Schnittstelle zwischen Knowledge Management, IT und den Jurist*innen entsprechend besetzen können.

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