Bon Voyage: die LGA NÖ auf Legal Tech Reisen

Lesezeit: 5 Minuten
mit Erika Meinolf & Georg Wokrinek
Magazin: Legal Tech Times 2022, Ausgabe Sommerspecial


Im Gespräch: Für unser Sommer-Special haben wir mit Vertreter:innen aus 8 Unternehmen über ihre Legal Tech Projekte gesprochen. Darunter Erika Meinolf Leiterin der Abteilung Recht & Compliance bei der LGA NÖ und ihrem Stellvertreter Georg Wokrinek, die Ihre ungeschönten Erfahrungen mit uns geteilt haben!


Wie entscheidet man, wo Digitalisierung ansetzen soll, Frau Meinolf, Herr Wokrinek?

Grundsätzlich ist es uns ein Anliegen, die Digitalisierung da voranzutreiben, wo der größte Nutzen erzielt werden kann. Das waren zunächst jene Inhalte, die wir in der von uns vorgelagert durchgeführten „legal work typeanalysis“ – einer Analyse der Tätigkeiten in unserer Abteilung – mit einer relativ hohen Komplexität und einer relativ hohen Anfallshäufigkeit identifiziert haben. Quasi als „Nebenprodukt“ dieser Analyse haben wir hierbei natürlich auch erarbeitet, welche Tätigkeiten ein höheres Potential an Standardisierung und Auslagerung aufweisen.

Zusätzlich haben wir auch eine Stakeholder Analyse durchgeführt, um die Felder mit dem größten Nutzen noch besser erkennen zu können. Dabei haben wir uns u.a. gefragt: Mit wem gibt es die meisten Kontakte? Wo kommen die meisten Anfragen her? Das hat uns geholfen, die Tätigkeitsfelder zu identifizieren, in denen wir uns breiter aufstellen wollen.

Erst dann haben wir uns darangemacht, die relevanten Prozessabläufe in unserer Abteilung zu definieren.

Wie identifizieren Sie dazu Probleme in Ihrem Unternehmen & analysieren Ihre Arbeit in der Rechtsabteilung/im Team?

Wir haben die Tätigkeiten der Abteilung fünf Handlungsfeldern (Strategie, Beratung, Claim Management, Logistik, Compliance) zugeordnet und darauf aufbauend eine Prozesslandkarte erstellt. Die Zuordnung der einzelnen Aufgabengebiete sowie der Herausforderungen in den einzelnen Handlungsfeldern erfolgte gemeinsam im Team. Dazu haben wir uns in einer Klausur mit dem gesamten Team zurückgezogen, um diese Fragen konzentriert und ohne Ablenkung aus dem Arbeitsalltag bearbeiten zu können. Optimierungspotential im Unternehmen, z.B. im Wissensmanagement und in der Zurverfügungstellung von Mustern, konnten so herausgearbeitet werden. Wir haben uns aber auch mit der Frage befasst, wie wir die Ergebnisse der Abteilung besser sichtbar machen und mehr in die Breite tragen können. Denn das beste Arbeitsergebnis und das beste Muster sind nichts wert, wenn sie nicht wahrgenommen werden!

Welche Kriterien haben Sie definiert, um ein Legal Tech Tool für die NÖ Landesgesundheitsagentur auszusuchen?

Hier haben wir mit der Unterstützung von einem externen Beratungsunternehmen eine Anforderungsliste erstellt, die von der potenziellen User:innen-Anzahl der Softwarelösung bis zu den Anforderungen an eine digitale Signatur und der Darstellung der Abläufe sowie deren Auswertbarkeit, die Anforderungen unserer Abteilung in „musthave“, shouldhave“ und „couldhave“ unterteilt. Uns war es sehr wichtig, dass nicht „nur“ ein Rechtsabteilungsinternes System entsteht, sondern sich die gesamte Organisation eines gemeinsamen Systems bedient und dadurch auch organisationsübergreifende Abläufe abgebildet werden können.

Wie sind/waren die Aufgaben für das Projekt bei Ihnen verteilt?

Das Projektmanagement und die Kommunikation sind bei uns in der Abteilungsleitung bzw. Stellvertretung angesiedelt. Die inhaltliche Aufbereitung erfolgte durch das gesamte Team.

Warum haben Sie sich letztendlich für dieses Tool und nicht für ein anderes entschieden?

Wir haben für die NÖ LGA zur Anschaffung der unternehmensweit einzuführenden Aktenverwaltungssoftware ein öffentliches Vergabeverfahren durchgeführt. Basierend auf unserer Entscheidung, die Umsetzung der Anforderungen unserer Abteilung in diese Softwarelösung einzubetten, haben wir natürlich bestmöglich versucht, unsere Anforderungen in den Beschaffungsvorgang einzubringen.

Was waren Ihre größten Herausforderungen bei der Implementierung? Welche Learnings haben Sie mitgenommen? Was würden Sie anders machen, wenn Sie noch einmal starten könnten?

Ein relevanter Faktor ist die Zeit. Denn die Etablierung des Systems muss, neben dem ohnehin schon sehr ambitionierten Arbeitsalltag, auch noch Platz finden. Nach unseren Erfahrungen ist der Detailierungsgrad der Prozesse im Hinblick auf allgemeingültige Lösungen eines der Kernthemen. Außerdem ist es aus unserer Sicht notwendig, dass alle Organisationseinheiten im Konzern ihre Abläufe und Prozesse im ausgewählten System abbilden. Sonst kann weder der gesamte Konzern noch unsere Abteilung davon ausreichend profitieren.

Wie bereiten Sie sich jetzt auf die nächsten Schritte Ihres Legal Tech Projektes vor?

Natürlich ist uns bewusst, dass die Einbettung der Aktenverwaltungssoftware unserer Abteilung in das unternehmensweit zu etablierende System der NÖ Landesgesundheitsagentur (kurz „NÖ LGA“) sowohl Vorteile als auch Herausforderungen mit sich bringt. Ein gravierender Vorteil ist die organisationsübergreifende Abbildung von unternehmensweiten Prozessen. Andererseits ermöglicht ein unternehmensweites Tool die Verwirklichung mancher unserer Anforderungen zweifellos nicht zu 100%. Das bedeutet, dass wir nachgelagert über die Etablierung zusätzlicher Tools nachdenken müssen, die Einzelbereiche wie z.B. eine dynamische Vorlagen- und Dokumentenerstellung oder bestimmte Auswertungen ermöglichen und explizit abbilden. Dennoch haben wir uns aus voller Überzeugung für diesen Weg entschieden, wissen aber auch, dass wir dadurch noch nicht am Ende des Weges angekommen sind.

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