Das digitale Notariat – Online-Rechtsdienstleistungen österreichischer Notare
10. Mai 2024
Ein Beitrag von Christian Schweifer
In einer Welt, die zunehmend von Technologie geprägt ist, bleibt auch das Rechtswesen nicht unberührt. Österreichische Notarinnen und Notare haben erkannt, dass die Digitalisierung nicht nur eine Möglichkeit bietet, ihre Dienstleistungen effizienter zu gestalten, sondern auch eine Chance, den Bürgern einen modernen und zugänglichen Zugang zum Recht zu ermöglichen.
Es gibt viele Anliegen, die einen ins Notariat ihres:seines Vertrauens führen: beispielsweise die private Vorsorge, die Abwicklung einer Immobilie oder der berufliche Start als Unternehmer:in. Die Online-Rechtsdienstleistungen österreichischer Notariate bieten eine Vielzahl von Vorteilen für Bürger:innen und Unternehmen. Von der beschleunigten Abwicklung rechtlicher Angelegenheiten bis hin zur verbesserten Zugänglichkeit von Rechtsdokumenten und -informationen trägt die Digitalisierung dazu bei, das Rechtswesen effizienter, transparenter und zugänglicher zu gestalten.
Elektronische Urkunden
Eine der bedeutendsten Entwicklungen im digitalen Rechtsdienstleistungsangebot österreichischer Notar:innen ist die Einführung rein elektronischer Urkunden. Durch den Einsatz qualifizierter elektronischer Signaturen können Kunden bei den Notar:innen nun Notariatsakte und sonstige Urkunden digital errichten und elektronische Signaturen beglaubigen. Dies beschleunigt den Prozess erheblich und bietet den Bürgern die Möglichkeit, wichtige Rechtsdokumente bequem von zu Hause aus zu erhalten.
Virtuelle Beratung und Kommunikation
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Digitalisierung ist die Möglichkeit der virtuellen Beratung und Kommunikation. Österreichische Notar:innen bieten zunehmend Online-Konsultationen an, bei denen Klient:innen Fragen stellen, rechtliche Angelegenheiten besprechen und Dokumente über sichere digitale Plattformen austauschen können. Dies spart Zeit und Kosten für alle Beteiligten und ermöglicht eine effiziente Zusammenarbeit, unabhängig von geografischen Entfernungen.
Digitale Register und Archivierung
Die Digitalisierung ermöglicht auch eine verbesserte Verwaltung von Registerdaten und Archivierung von Dokumenten. Österreichische Notar:innen nutzen digitale Systeme zur Verwaltung von Grundbüchern, Gesellschaftsregistern und anderen wichtigen Registern. Dies erleichtert den Zugang zu Informationen und erhöht die Transparenz im Rechtssystem.
Wie funktioniert eine voll digitale Vertragsabwicklung?
Die grundlegenden Schritte zur Beglaubigung einer digitalen Signatur bei österreichischen Notar:innen sind folgende:
1. Identitätsprüfung: Zunächst einmal muss die Identität der Person überprüft werden, die die qualifizierte elektronische Signatur verwendet. Dies erfolgt nach den Bestimmungen der Notar-E-Identifikations-Verordnung – NEIV durch die:den Notar:in selbst, oder durch Beiziehung eines Identifizierungsdienstleisters.
2. Signiervorgang: Kunden und Notar:in treffen einander in einer Videokonferenz. Zu Beginn gleicht die:der Notar:in nochmals die Identifizierungsdaten mit den Kunden ab. Die zu unterzeichnenden Urkunden befinden sich in einem sicheren Datenraum und werden besprochen und verlesen. Datenräume werden mittlerweile von mehreren Anbietern zur Verfügung gestellt. Der Signiervorgang wird von dem:der Notar:in im Datenraum über die Videokonferenz begleitet und überprüft.
3. Nachbearbeitung: Die signierte Urkunde wird in der Kanzlei digital weiterverarbeitet (z.B. mit Beglaubigungsklausel versehen) und zuletzt vom dem:der Notar:in unterzeichnet.
Im besten Fall kann eine so erzeugte Urkunde bereits wenige Minuten nach der Signierung den Kunden, Behörden oder Gerichten übermittelt werden.
Use Cases
Egal ob online oder face-to-face: Die persönliche Beratung, abgestimmt auf die individuelle Lebenssituation der Kunden, steht im Mittelpunkt:
1. Immobilienkauf: Eine Vertragspartei ist nicht in Österreich aufhältig. Der:die Notar:in bereitet den Kaufvertrag vor und organisiert einen digitalen Unterfertigungstermin, an dem die Vertragsteile digital teilnehmen. Anschließend veranlasst der:die Notar:in die Änderung im Grundbuch. Immobilientransaktionen können auf diesem Weg bereits von Anfang bis Ende digital abgewickelt werden.
2. Unternehmen: Für eine GmbH ist eine Spaltung in zwei Unternehmen sowie eine Kapitalerhöhung notwendig. Die dafür erforderliche Generalversammlung findet online statt, da sich die drei Gesellschafter:innen in Österreich und anderen Ländern befinden. Bei weiteren digitalen Terminen werden die nötigen Verträge, die notariellen Protokolle der Versammlungen sowie die Firmenbucheinträge von den Gesellschafter:innen unterzeichnet.
3. Private Vorsorge: In einer Familie werden Immobilien an die Kinder übergeben und Pflichtteilsverzichte vereinbart, um Streitigkeiten zu vermeiden. Eines der Kinder lebt nicht in Österreich und nimmt digital am Termin teil – alle anderen Familienmitglieder treffen sich in der Kanzlei. Das abwesende Kind kann per Video identifiziert werden und die Verträge unterzeichnen, ohne extra anzureisen.
Ein Versand der Urkunden zur Unterzeichnung an mehrere Kunden, sowie Reisezeiten den Kunden und der damit verbundene Zeitverlust, gehören der Vergangenheit an.
Was geht nicht digital?
Testamente und sonstige letztwillige Verfügungen müssen weiterhin durch persönliche Unterschriftsleistung in Papierform errichtet werden.
Regelmäßige Anwendung der digitalen Dienstleistungsangebote
Die digitalen Hilfsmittel werden von den Kunden bereits angefragt und finden regelmäßig Anwendung. Sie sind für die Notare:innen ein zusätzliches Dienstleistungsinstrument, um die Anliegen der Kunden noch schneller und einfacher zu bearbeiten. Das Ziel der Notar:innen ist es nach wie vor, rechtlich bestandsfeste Lösungen auszuarbeiten, welche die Interessen aller Beteiligten berücksichtigen. Und das in allen Lebenssituationen, in denen Rechtssicherheit wichtig ist.
Autoreninfo:

Mag. Christian Schweifer, MBL ist öffentlicher Notar in Laa an der Thaya, NÖ