Dschungelprüfung bestanden: Warum clevere Gremien auf smarte Tools setzen

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Ein Beitrag von Future-Law

Digitale Transformation macht auch vor den obersten Entscheidungsgremien nicht Halt. Sophie Martinetz spricht im Future-Law-Interview über die Relevanz digitaler Prozesse im Boardroom, die größten Herausforderungen bei der Umsetzung – und warum gerade jetzt der richtige Zeitpunkt ist, den Wandel aktiv zu gestalten. Mit klaren Empfehlungen aus der Praxis zeigt sie, wie Unternehmen Sicherheit, Effizienz und Akzeptanz in Einklang bringen können. Ein Gespräch über Technik, Kultur – und die Zukunft der Gremienarbeit.

Future-Law: Frau Martinetz, Sie beschäftigen sich schon lange mit der Digitalisierung in der Rechtswelt. Was hat sich Ihrer Meinung nach im Bereich der Gremienarbeit – konkret bei General­sekretariaten und Aufsichtsräten – am stärksten verändert?

Sophie Martinetz: Ganz klar: die Erwartungen an Effizienz, Sicherheit und Transparenz. General­sekretariate sind heute nicht mehr nur administrative Knotenpunkte, sondern digitale Drehscheiben. Die Gremien erwarten, dass Informationen sicher, übersichtlich und in Echtzeit zur Verfügung stehen – und das über mobile Devices genauso wie im klassischen Web. Die Digitalisierung hat hier nicht nur neue Möglichkeiten gebracht, sondern neue Standards gesetzt.

Ein Tool auswählen – aber richtig

Future-Law: Wenn man ein Tool für diese Gremien sucht – sei es ein Board-Portal oder eine Management-Plattform – worauf kommt es wirklich an?

Sophie Martinetz: Zunächst braucht es ein tiefes Verständnis der konkreten Prozesse: Wie läuft eine Sitzungsvorbereitung ab? Wer sind die Beteiligten? Welche Rechte und Rollen müssen abgebildet werden? Und natürlich: Welche Sicherheitsanforderungen gelten? Ein gutes Tool ist dann nicht das, das alles kann – sondern jenes, das genau das abbildet, was die Organisation wirklich braucht.

Future-Law: Also keine All-in-One-Lösungen?

Sophie Martinetz: Nicht um jeden Preis. Skalierbarkeit ist natürlich ein Muss – aber zu viel Funktionalität kann auch lähmen. Wichtig ist, dass das Tool intuitiv ist und im besten Fall von den Mitgliedern auch mobil genutzt werden kann – gerade bei Aufsichtsräten, die viel unterwegs sind.

Digitale Abstimmungen: Einfach – oder doch nicht?

Future-Law: In einer Ihrer Sessions haben Sie gezeigt, wie schnell digitale Abstimmungen technisch umgesetzt werden können. Ist das wirklich so einfach?

Sophie Martinetz (lacht): Ja, ich habe genau das gesagt – „Es muss doch weh tun!“ Aber im Ernst: Natürlich steckt im Hintergrund viel Struktur, aber die Oberfläche muss einfach sein. Die eigentliche Innovation liegt darin, dass Abstimmungen innerhalb von Sekunden vorbereitet und durchgeführt werden können – mit Auswahloptionen wie Enthaltungen, spezifischen Teilnehmergruppen oder anonymisierten Ergebnissen. Das ist ein enormer Fortschritt.

Kosten und Nutzen – wie investiert man sinnvoll?

Future-Law: Was kostet ein gutes Tool?

Sophie Martinetz: Die Preisspanne ist groß, je nach Nutzeranzahl, Gremienstruktur und Funktionstiefe. Einstiegskosten beginnen oft schon bei unter 10.000 € jährlich für ein Gremium mit einer definierten Anzahl an Nutzer:innen. Für die meisten Organisationen ist das ein sehr überschaubares Investment – gerade, wenn man bedenkt, was an Sicherheit, Effizienz und Compliance damit gewonnen wird.

Future-Law: Und wie rechnet man so ein Investment?

Sophie Martinetz: Indem man sich fragt: Was kostet es uns, wenn Unterlagen verspätet oder falsch verteilt werden? Was bedeutet es, wenn Entscheidungen nicht ordnungsgemäß dokumentiert sind? Wenn man diese Fragen ehrlich beantwortet, sind selbst fünfstellige Beträge plötzlich eine sehr kluge Entscheidung.

Die Zukunft: Interaktive Gremienarbeit statt Verwaltungsakt

Future-Law: Was wünschen Sie sich für die nächsten Jahre in diesem Bereich?

Sophie Martinetz: Ich wünsche mir, dass Digitalisierung nicht mehr als technische Pflicht verstanden wird, sondern als kulturelle Chance. Tools dürfen nicht als zusätzliche Arbeit empfunden werden, sondern als Befreiung von alten Zettelwirtschaften. Und dass sich General­sekretariate und Aufsichtsräte trauen, Neues zu probieren – denn die Hürden sind oft viel niedriger, als man denkt.

Future-Law: Frau Martinetz, vielen Dank für das Gespräch.

Sophie Martinetz: Sehr gerne – und an alle, die gerade vor der Tool-Auswahl stehen: Bleiben Sie kritisch, aber auch mutig!


Key Take-aways:

  1. Digitalisierung steigert Effizienz und Transparenz in Board-Gremien.
  2. Die größten Herausforderungen sind Akzeptanz, Schulung und Datenschutz.
  3. Eine schrittweise Einführung erleichtert die Umsetzung.
  4. Frühzeitige Einbindung der Stakeholder verbessert die Akzeptanz.
  5. Schulungen sind essenziell für eine erfolgreiche Implementierung.
  6. Sichere und benutzerfreundliche Systeme sind entscheidend.
  7. Compliance- und Datenschutzfragen sollten von Anfang an berücksichtigt werden.
  8. Technologie allein reicht nicht – es braucht auch einen kulturellen Wandel.
  9. KI wird in Zukunft eine stärkere Rolle bei der Entscheidungsfindung spielen.
  10. Unternehmen, die jetzt starten, sichern sich langfristige Wettbewerbsvorteile.

Über Sophie Martinetz: 

Sie kennt die Bedürfnisse, Chancen, Risiken und Zukunftsherausforderungen der Rechtsbranche wie keine Zweite. Dafür wurde Sie 2021 als Brutkasten-Innovator of the Year nominiert, als Women of Legal Tech 2020 ausgezeichnet und gewann im selben Jahr auch noch den European Tech Women Award. Nach einer internationalen Karriere in Berlin und London kehrte die ausgebildete Juristin mit 15 Jahren Erfahrung im internationalen Management und Expertise in Digitalisierung nach Wien zurück und gründete 2017 Future-Law.

Sophie Martinetz
Jahres Corporate Partner

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