Mythos: Mit digitalen Produkten verliert man Klient:innen und macht sich den Preis kaputt  

Lesezeit: 7 Minuten
von Ewald Oberhammer | Rechtsanwalt & Partner Oberhammer Rechtsanwälte GmbH
Magazin: Legal Tech Times 2023, Ausgabe 6


Erfolgreiche Umsetzung eines digitalen Tools für die Zusammenarbeit zwischen Klient:innen und Anwält:innen.
"When digital transformation is done right, it’s like a caterpillar turning into a butterfly, but when done wrong, all you have is a really fast caterpillar.” — George Westerman, MIT Sloan Initiative on the Digital Economy
Der Digitalisierungsprozess in der Rechtsberatungsbranche – unaufhaltsam und chancenreich - die erfolgreiche Umsetzung eines digitalen Tools für die Zusammenarbeit zwischen Klient:innen und Anwält:innen - Ein Praxisbericht von Ewald Josef Oberhammer 
Die Rechtsberatungsbranche ist derzeit in einem starken Digitalisierungsprozess angekommen. Dies birgt große Chancen – und natürlich auch Risiken. Werden die Chancen richtig genutzt und zum Beispiel als Ausgleich zum Fachkräftemangel eingesetzt, so kann die Branche enorm davon profitieren. Gewisse veraltete Prozesse und Strukturen können über Bord geworfen, Effizienzsteigerungen erreicht und durch sinnvollen Einsatz von menschlicher Gehirnleistung Mitarbeiter:innen und Klient:innen zufrieden gestellt werden. 
Die im 18. Jahrhundert in England einsetzende Industrialisierung, die sich im 19. Jahrhundert in den Rest Europas und die USA ausbreitete, bedeutete eine starke Reduzierung der Herstellung von Produkten von Hand und den Einsatz von Maschinen anstelle der alten Produktionsmechanismen. 
In der Rechtsberatungsbranche setzt in gewissem Maße die Industrialisierung (nunmehr bezeichnet als Digitalisierung) später als in anderen Branchen ein.
So definierte sich ein Rechtsberater oder eine Rechtsberaterin stets durch die eigene, individuelle intellektuelle und sprachliche Leistung, die weder in großem Stil vervielfältigbar noch maschinell zu erledigen ist. Die höchstpersönliche Denkleistung und das maßgeschneiderte zur Verfügung stellen von rechtlichen Lösungen ist – auch heute noch – schließlich eine der zentralen Komponenten dieses Berufsbildes. Daran erkennt man eine gewisse inhärente Widersprüchlichkeit zum Einsatz von digitalen oder maschinellen Elementen. 
Nun lässt sich das von George Westerman gezeichnete Bild, dass eine richtig stattfindende Digitalisierung aus einer Raupe einen Schmetterling macht, während eine fehlgeleitete Digitalisierung lediglich eine schnelle Raupe hervorbringt, sehr gut auf den Rechtsbereich umlegen:  Würde man beabsichtigen, die individuelle maßgeschneiderte Beratung zu digitalisieren, wäre nicht nur die Rechtsbranche selbst, sondern auch die Klient:innen von einem unwiederbringlichen Qualitätsverlust betroffen.
Hier bleibt – um eine Analogie zum medizinischen Bereich zu ziehen – die persönliche Beratung unersetzbar, denn die Resultate einer „Doctor Google“-Recherche im Fall von körperlichen Symptomen hat jeder und jede schon am eigenen Leib erlebt. 
Legt man allerdings das Augenmerk auf jene Prozesse, die eine repetitive Komponente aufweisen und standardisiert werden können, besteht ein großes Potenzial für Digitalisierung und Automatisierung, von dem wiederum die Rechtsbranche selbst und die Klient:innen massiv profitieren können. 
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