Sophie Martinetz im Interview: „KI entscheidet unmenschlich menschlich“
27. Januar 2020
Petra Tempfer im Interview mit Sophie Martinetz und Clemens Wasner (Wiener Zeitung | 24.1.2020)

Warum künstliche Intelligenz in Österreichs Rechtsbranche noch nicht wirklich angekommen ist.
Die einen sehen darin ein wertvolles Hilfsmittel – die anderen warnen vor Fehlentscheidungen. Tatsache ist, dass man die Digitalisierung und auch die künstliche Intelligenz (KI) im Rechtsbereich vermutlich nicht aufhalten kann. In den USA setzt bereits eine der größten Kanzleien, BakerHostetler, das IT-System Ross von IBM in der Insolvenzabteilung ein, das Antworten auf juristische Fragen liefert. In London ließ man versuchsweise KI in hunderten Fällen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte urteilen. Mit 79 Prozent Wahrscheinlichkeit waren es richtige Entscheidungen im Sinne des Richters. Und selbst in der österreichischen Justiz kommen Digitalisierungswerkzeuge in ausgewählten Großverfahren testweise zum Einsatz, die bei der Vorarbeit wie dem Herausfiltern relevanter Daten helfen sollen. Dass künftig zukunftssichere Rahmenbedingungen für KI geschaffen und eine Strategie entwickelt werden soll, ist auch im aktuellen Regierungsprogramm enthalten. Dabei geht es unter anderem um „notwendige Studien über geeignete Gestaltungs- und Einsatzkriterien“, heißt es. Von den rund 6000 Anwälten in Österreich nutzt laut der Juristin Sophie Martinetz erst ein Bruchteil KI. Die Hintergründe beleuchten Martinetz und der Informatiker und Branchenkenner Clemens Wasner im Interview.
„Wiener Zeitung“: Was unterscheidet Suchmaschinen von künstlicher Intelligenz?
Clemens Wasner: Suchmaschinen waren bis 2015 ausschließlich regelbasiert. Egal, welche Suche man getätigt hat: Es sind durchschnittlich 200 verschiedene Algorithmen gelaufen, die zum Beispiel geprüft haben, ob es sich um eine verstorbene oder lebende Person handelt. Früher wurden die Suchroutinen manuell hineinprogrammiert, was es dementsprechend unflexibel machte. Der große Unterschied zu KI in der heutigen Ausprägung ist vor allem, dass diese selbst die Gesetzmäßigkeit aus den Daten lernt. Das nennt man auch Deep Learning. Es stellt fest, wo die stärkste Korrelation zwischen Input und Output herrscht. […] Weiterlesen auf wienerzeitung.at