Susanne Mortimore im Interview zum aktuellen Stand von Legal Tech

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Susanne Mortimore, Geschäftsführerin & CEO bei LexisNexis Österreich, besitzt jahrelange Erfahrung in der IT- und Medienbranche, darunter auch umfangreiche Kenntnisse in der Entwicklung digitaler Lösungen für Juristen. In unserem Interview teilt Mortimore ihre Gedanken zum aktuellen Stand von Legal Tech und wie man, in diesem sich schnell entwickelnden Bereich seine Vorreiterrolle zu stärken kann.

Ausgangssituation: Was ist der Grund/Schmerzpunkt für den Einsatz von (Rechts) Technologie

Susanne Mortimore: Gesetzesflut und steigende Komplexität, wir kennen das, das ist auch für uns eine Herausforderung – dafür wird bei Lexis 360® das parlamentarische Geschehen getrackt und Normen werden automatisiert mit Warnungsicons versehen, wenn eine aktuelle oder zukünftige Änderung ansteht. Sie sehen damit fast ein bisschen in die Zukunft, und können böse Überraschungen damit vermeiden.

2022 & beyond – geht es immer „nur“ um die Erhöhung von Effizienz? Wie lassen sich Overhead und administrative Aufgaben reduzieren? Oder machen das noch MitarbeiterInnen gerne?

Susanne Mortimore: Das Jahresupgrade unserer Recherchelösung heißt dieses Jahr tatsächlich BEEyond, weil wir über Effizienz hinausgehen wollen. Echtes Legal-Tech bietet nicht nur Komfortfeatures, also nicht nur mehr Effizienz, nicht nur Overhead reduzieren, nicht nur Dinge schneller machen, sondern Dinge auch besser machen. Also bei der Arbeit auch inhaltlich besseren Input liefern. Echtes Legal-Tech ist für mich intelligent. Da geht es speziell um Legal Intelligence, es hilft Ihnen dabei, mit intelligenten Empfehlungen bessere oder zusätzliche Argumente zu finden. Oder die angesprochenen Alerts, diese warnen Sie vor anstehenden Gesetzesänderungen. Nun haben wir die HitMaps, die ihnen helfen, die Relevanz von rechtlichen Texten binnen Sekunden zu erfassen. Lexis 360® empfiehlt dabei die wichtigste Textpassage, die Ihre Suchbegriffe enthält.

Was brauchen MitarbeiterInnen, um zeitgemäß arbeiten zu können?

Susanne Mortimore: Was ich von Kanzleien gehört habe, ist der Wunsch nach nahtlosem Arbeiten zwischen den verschiedenen Tools, daher haben wir bei unserer Recherchelösung Lexis 360® Integrationen und Exportmöglichkeiten zu Kanzleisoftware Advokat und JurXpert.
Bei LexisNexis setzen wir auf flexibles Homeoffice und bieten die Möglichkeit, fast komplett über die Cloud zu arbeiten. Wir setzen dabei nur auf Anbieter, wo Cloudlösungen deren Hauptgeschäft sind. Denn Datensicherheit ist die größte Herausforderung bei Cloud-Lösungen. Seit einigen Jahren drängen viele mittelgroße Firmen nebenher ins Cloud-Business, die nicht über die nötigen Ressourcen eines rein auf Cloud-Technologie spezialisierten Konzerns verfügen. Fazit: Es gibt jedes Jahr tausende Datenleck-Vorfälle. Also bei Cloud aufpassen.

Wie kann man als 40plus den Anforderungen von (jüngeren) Arbeitnehmern gerecht werden? Versteht man überhaupt die Bedürfnisse der (neuen) MitarbeiterInnen noch?

Susanne Mortimore: Nachfragen was die Bedürfnisse sind, wir selbst haben einen culture change, wo wir uns fragen „wie wollen wir arbeiten?“ und den begleiten wir ganz intensiv mit internen Veranstaltungen aber auch mit kritischen Diskussionen

Wie ermöglicht man schnellere Reaktionen auf Veränderungen am Markt und fördert Innovationen, z. B. zum Klienten/RichterIn/BürgerIn?

Susanne Mortimore: Einerseits wagen wir oft Experimente mit Prototypen, andererseits sind wir gut vernetzt im weltweiten LexisNexis Konzern, das sind mehr als 10.000 Kolleginnen in 150 Ländern, die alle Legal-Tech vorantreiben und dabei in erster Reihe stehen. Da haben wir durch laufenden Austausch einen globalen Überblick und wissen, wo sich Legal-Tech hinbewegt, bevor es in Österreich später ankommt.
Aktuell ist das Thema Legal-Operations sehr stark, also komplexe Prozesse beherrschbar machen. Dafür bieten wir das Tool Closd. Komplexe Fälle können komplett über dieses Tool von Anfang bis Ende abgehandelt werden. Alle Mitwirkenden können eingebunden werden. Sie haben den kompletten Überblick und Kontrolle, alle Dokumente, Signatur, Archivierung an einem Platz. Damit gibt es endlich eine etablierte Lösung von einem langjährigen, soliden Unternehmen.

Die Implementierung von (Legal) Tech Tools ist ja nur ein Aspekt: Wie kann man bei Menschen, die MitarbeiterInnen oder Peers sind, konkret Dringlichkeit erzeugen – was funktioniert wirklich?

Susanne Mortimore: Wir bieten aktuell allen Kanzleien gratis Schulungen – wenn man mal unter Anleitung alle Features wirklich durchprobiert hat, funktioniert das mit der Nutzung und der Annahme von neuer Technologie viel leichter

Wie können Führungskräfte und PartnerInnen unterstützt werden (Legal Tech) Projektvision und-ziele zu definieren?

Susanne Mortimore: Vielleicht anfangs überlegen, wo liegt unsere Kernkompetenz, wo ist der meiste Hebel. Meist ist das fachliches-Knowhow, die juristische Problemlösung, und sich dort Verbesserungen zum Ziel setzen. Wir glauben, dass Recherchelösungen mit Legal-Intelligence einen leichten Einstieg bieten und gleichzeitig einen der größten Nutzenzuwächse bieten können. Wer diesen wichtigen Schritt schon hat, kann sich fragen, ob überhaupt alle Features ausgereizt werden. Ein Ziel kann sein, mit Mitarbeiterschulungen noch viel mehr herauszuholen bzw. überhaupt die bestehenden Möglichkeiten auszureizen.
Darüber hinaus kann man sich weitertasten zu intelligenter Vertragserstellung oder echter juristischer Textanalyse: Die Justiz setzt seit Sommer auf Lexis SmartScan für smarte Recherche-Empfehlungen zu Zitierungen in Schriftsätzen. Da könnte man sagen, ich will da auf Augenhöhe sein und die gleichen Empfehlungen bekommen.

Wandel kommunizieren: JuristInnen schätzen sich selber ja nicht als gute KommunikatorInnen ein, wie kann das gelingen?

Susanne Mortimore: Wie gesagt – wir selbst haben einen Culture Change, wo wir uns fragen „wie wollen wir arbeiten?“ und den begleiten wir ganz intensiv mit internen Veranstaltungen, aber auch mit kritischen Diskussionen. Die Leute vor allem nicht zu Betroffenen machen, sondern zum Mitgestalten einbinden.

Veränderungen umsetzen – muss man immer alles selber machen als Führungskraft?

Susanne Mortimore: So schwierig ist das nicht, keine Angst, da braucht man keine teure externe Beratung. Wie gesagt, einmal bei der Kernkompetenz, also dem größten Hebel starten. Wir als Anbieter helfen dann auch bei der Veränderung, wie gesagt mit Schulungen etc.

Anker setzen: Wie kann man Veränderungen auch dauerhaft verankern?

Susanne Mortimore: In die bestehen Workflows integrieren, und wirklich schauen, dass Nutzung von Tools erlernt und zur Gewohnheit wird.

Wie hilft das alles zusammen, Talente anzuziehen, zu fördern und dauerhaft zu binden?

Susanne Mortimore:
Ich glaube Talente wollen mit den besten Tools arbeiten, und ich glaube, sie sollten auch die besten Tools haben, gar nicht, weil sie in der Position sind, um das fordern zu können, sondern weil Legal Intelligence einerseits Routinen beschleunigt und damit die Zeit von Talenten freispielt, damit die Zeit haben sich zu entfalten. Andererseits weil z. B. Intelligente Empfehlungen diese Leute mit Inspiration und Ideen wie mit Treibstoff versorgt und das Talent damit befeuert und das Potenzial wirklich entfesselt wird.

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