Leadership Kompetenzen

Lesezeit: 6 Minuten
von Wernetta Eberhardt


Gastbeitrag

Sind Sie eine gute Führungskraft, liebe Kolleginnen und Kollegen?

Leadership macht den Unterschied zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen Führungskräften und Unternehmen aus. Doch was bedeutet eigentlich Leadership im juristischen Kontext? Wann gilt ein:e Jurist:in als gute Führungskraft? Welche Führungsqualitäten und -kompetenzen tragen im beruflichen Alltag von Juristinnen und Juristen maßgeblich zum Erfolg bei?

Unsere, unseren Berufsstand prägenden, Kernkompetenzen, wie bspw analytisch-logisches Denkvermögen, Durchsetzungsstärke, Verhandlungssicherheit, rhetorische Begabung und Lösungsorientierung sind noch kein Garant zugleich als kompetente Führungskraft zu gelten. Kernkompetenzen von Juristen und Juristinnen variieren überdies nach Fachgebiet und beruflichem Kontext. Ebenso gilt dies für die Kernkompetenzen einer Führungskraft. Die Liste an erforderlichen Kompetenzen ist lang.

Um Antworten auf die Eingangsfrage zu finden, möchte ich in diesem Beitrag daher den Fokus auf die Verhaltensebene legen. Woran bemerken wir eigentlich, dass ein:e Kolleg:in nicht nur fachlich top versiert ist, sondern auch effektiv führen kann? Was tun Juristinnen und Juristen anders, die Führung übernehmen und darin erfolgreich sind?

Nach meiner Erfahrung und Beobachtung sind führende Jurist:innen in diesen drei Verhaltensweisen besonders kompetent:  sie fokussieren, sie kommunizieren und sie leben vor.

Als effektive Führungskraft

  • fokussieren Sie sich auf den sogenannten Purpose,
  • kommunizieren Sie empathisch, authentisch und verbindend und 
  • leben und entzünden Sie auch in anderen: Leidenschaft, Commitment und Verantwortung für die juristischen Aufgaben und übergeordneten gemeinsamen Ziele – und dies in einer hohen Qualität des Miteinander.

1. Zur Fokussierung auf den Purpose:

Studien zeigen, dass sich Menschen 3,5 mal mehr in der Arbeit engagieren, wenn sie ihnen Sinn gibt und sie sehen und erleben, wie ihre Rolle zum Erfolg ihres Teams und ihrer Organisation beiträgt. Wenn wir uns in der Arbeit sinnstiftend einbringen können, sind wir generell glücklicher und produktiver.

Den Purpose im Blick haben, bedeutet, dass Sie eines verstanden haben: Es geht nicht um Sie. Es geht um etwas, das grösser ist als Sie, Ihre Kompetenzen und individuellen Ziele. Das Warum und Wofür – die grundlegende Mission – der Organisation, in der Sie tätig sind, der Funktion, die Sie ausüben und das Team, das Sie leiten und Ihre eigene Identifikation damit, leitet und lenkt den Fokus Ihrer Tätigkeit. In unsere Juristenwelt übersetzt, ist dieser Purpose daher vergleichbar mit dem telos. Effektive Führungskräfte haben diesen telos integriert und vermitteln ihn tagtäglich ihren Mitarbeitenden, Stakeholdern, externen Berater:innen; im Grunde nach, ihrem gesamten Umfeld. Dadurch gelingt es ihnen sinnstiftende Zukunftsbilder, Klarheit in der Ausrichtung und damit auch mehr Sicherheit in den vielfältigen Wegen zur Umsetzung zu schaffen. Dies schafft vor allem Engagement, Leistungsstärke, ein hohes produktives und konstruktives Energielevel im Team und Sinn und Freude bei der Arbeit.

2. Zur empathischen, authentischen und verbindenden Kommunikation:

Everyone communicates, few connect“, so bringt es John Maxwell gleich im Titel seines Buches auf den Punkt. Das „Wie“ der Kommunikation ist ausschlaggebend. Jurist:innen, die effektiv führen, kommunizieren klar, wirksam und lösungsorientiert. Und zwar „nach innen“ (dh. sich selbst gegenüber) wie „nach außen“. Effektive Führungskräfte wissen, wer sie sind, was sie können und, dass sie nicht alle Antworten kennen und Lösungen parat haben müssen. Sie halten die Balance zwischen klaren Vorgaben und Raum für Teamentscheidungen und Wachstum.

Als führende Jurist:in haben Sie daher verstanden, den Fokus nicht nur auf den Inhalt und die juristische Argumentation, sondern auch auf die „Begleitmusik“ zu legen: die Bedürfnisse, die dahinterliegenden Interessen, Wünsche, Ziele aber auch Ängste und Sorgen Ihres Gegenübers. Diese Kommunikationskompetenz umfasst im Besonderen zweierlei:

  • ein hohes Maß an Empathie, als Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und ihren emotionalen Zustand zu erkennen und zu verstehen und auch deren Gefühle nachzuempfinden sowie
  • das Vermögen, aktiv zuzuhören, i.e. Rapport herstellen und den anderen wirklich aus seiner Warte aus anhören, verstehen und die Denk- und Handlungsmuster ohne Bewertung und Urteil wahrnehmen und interpretieren zu können.

Fließt noch Authentizität der Jurist:in und eine Haltung der Lösungsorientierung in diesen Kommunikationsstil mit ein, entsteht der entscheidende Unterschied: Verbundenheit; eine Kommunikation, die verbindlich und vertrauensfördernd ist und daher langfristig nachwirkt.

Diese Art der Kommunikation trägt dazu bei, Konflikte und Missverständnisse zu vermeiden oder, falls sie entstehen, wirklich dem Grunde nach aufzulösen. Zudem ermöglicht sie, dass langfristig Vertrauen entsteht. Dies schafft eine Basis für gemeinsames Lernen, Entfaltung von Potentialen, offenen Umgang mit Fehlern und damit Raum für Kreativität und neue Ideen.

3. Zum Vorleben von Leidenschaft, Commitment und Verantwortung

„Working hard for something we don’t care about is called stress: Working hard for something we love is called passion.” (Simon Sinek)

Als führende Jurist:in in Ausübung einer juristischen Tätigkeit vereinen Sie meist beides: Sie sind Führungskraft und Teil des Legal Teams, der Practice Group oder der juristischen Abteilung. Das bedeutet: Sie geben vor, auch als Role Model. Ihre Mitarbeitenden orientieren sich daher nicht nur an den Vorgaben und den Erfordernissen des jeweiligen Aufgabenbereichs, sondern auch an Ihnen selbst. „Wie“ Sie arbeiten, mit welcher Passion, mit welchem Commitment und Verantwortung Sie selbst hinter der Arbeit stehen und diese ausführen, gibt Orientierung und Halt. Ob Sie selbst hart mitarbeiten oder sich im Zweifel eher zurücknehmen und andere arbeiten lassen, hat Auswirkungen auf das Engagement und den langfristigen Einsatz Ihrer Mitarbeitenden sowie auch auf die Qualität Ihrer Arbeitsbeziehungen und dem gemeinsamen Erleben von Teamerfolgen.  

Schriftliche Vorgaben sind grundsätzlich gut und wichtig. Sie halten Vorgaben, Werte, Ziele und vieles mehr fest und geben diesen Inhalten – insbesondere im Kontext unseres Berufsethos – Verbindlichkeit. Damit sie tatsächlich in Organisationen und für Menschen wirksam werden, müssen sie allerdings auch vorgelebt werden. Klar, konsequent und nachhaltig. Das macht den Unterschied.

Generell gelten die Grundsätze der Kompetenzentwicklung auch für die oben beschriebenen Leadership Kompetenzen. Diese Kompetenzen sind erlern- und entwickelbar. Je mehr und öfter sie reflektiert, angewandt und in der Praxis geübt werden, desto mehr werden sie integrativer Bestandteil von einem selbst.

Fazit: Je mehr Sie sich auf den Purpose fokussieren, je öfter Sie sich darin üben, empathisch, authentisch und verbindend zu kommunizieren und auch vorleben, warum Sie Ihre Arbeit mit so viel Leidenschaft ausüben, desto mehr werden Sie Ihre Effektivität in der Führungsrolle steigern.

Dr.in Wernetta Eberhardt ist Leadership Coach für Persönlichkeits- und Teamentwicklung von Jurist*innen und Anwält*innen. Als ehemalige Rechtsanwältin, langjährige Leiterin der Rechtsabteilung eines international tätigen Konzerns und Repräsentantin des internationalen Berufsverbands hat sie ein tiefes Verständnis für die Lebensrealität und Herausforderungen der Menschen in der Rechtsbranche. Mit Herz und Verstand bestärkt, inspiriert und begleitet Wernetta nun ihre ehemaligen Berufskolleg*innen wieder mit sich selbst in Verbindung zu treten, authentische Leadership Kompetenzen zu entwickeln und so ein erfüllendes berufliches wie privates Leben und Umfeld zu gestalten.

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