Legal Tech: Trends, Erfolgsfaktoren und Chancen für 2025: Ivo Rungg im Interview
2. Januar 2025
Welches Legal-Tech-Thema bestimmte 2024?
Legal Tech im Jahr 2024 war zweifellos von einem Fokus auf künstliche Intelligenz (KI) geprägt. Eine Unzahl an neuen Produkten und Angeboten ist entstanden. Dabei ist nicht immer alles künstliche Intelligenz, was unter diesem Deckmantel daherkommt. Viele Angebote gehen auch über nette Gimmicks nicht hinaus und stellen oft keinen substanziellen Mehrwert dar. Allerdings hat der KI-Hype für die rechtsberatenden Berufe einen weiteren Schwung in die Digitalisierung von Arbeitsabläufen, Organisation und allmählich auch der juristischen Arbeit gebracht. Dabei wurden und werden mittlerweile seit Jahren verwendete Tech-Tools durch die Anreicherung mit KI-Funktionen „mächtiger“. In jedem Fall hat diese Entwicklung die Digitalisierung der Arbeit weiterentwickelt und das Bewusstsein dafür – sowie den damit im Zusammenhang stehenden Risiken – deutlich erhöht. Die leicht zugängliche generative KI hat wesentlich dazu beigetragen.
Was sind die Top 3 Legal-Tech-Trends in 2025?
Im Jahr 2025 ist davon auszugehen, dass die digitalen Anwendungen künstlicher Intelligenz stärker die Bedürfnisse der Rechtsberatung berücksichtigen werden und das Training entsprechend abgestimmt wird. Wir erwarten daher, dass hier ein großer Schritt erfolgen wird. Das zeichnet sich bereits durch Angebote einschlägiger juristischer Verlage ab. Damit kommen auch die Inhalte und Daten verstärkt in den Fokus. Auch die eigenen Daten innerhalb der Unternehmen werden an Bedeutung gewinnen, weil sie in verschiedensten Konstellationen bei der Digitalisierung Verwendung finden können. Ich denke auch, dass 2025 das Jahr wird, in dem die ethischen und regulatorischen Rahmenbedingungen für den Einsatz von KI eine zunehmend wichtige Rolle spielen werden. In 2025 werden wir weitere interessante rechtliche Entscheidungen und Diskussionen dazu erleben. Damit werden die Rechtssicherheit und die Akzeptanz des Einsatzes von KI gestärkt.
Change Management ist immer so ein diffuser Begriff – was bringt hier echte Erfolge
Die Digitalisierung hat spätestens seit der Corona-Pandemie auch in die meisten Kanzleien verstärkt Einzug gehalten. Seither ist offensichtlich geworden, dass auch Juristen die neuesten technischen Entwicklungen tunlichst mitverfolgen und dort implementieren sollten, wo dies Effizienzgewinne bringt. Die größten Erfolge kann man erzielen, wenn der Bedarf an neuen Technologien mit allen Beteiligten ermittelt und Fragen des Einsatzes möglichst breit verhandelt werden. Viele Prozesse abseits der kernjuristischen Arbeit können mit modernen Technologien wie künstlicher Intelligenz bereits jetzt effizienter gestaltet und automatisiert werden. Wichtig hierbei ist, die branchenspezifischen Risiken zwar im Auge zu behalten, für Neuigkeiten im Legal-Tech-Bereich aber dennoch stets offen zu bleiben.
Wo kann man mit Legal Tech schnell starten, quasi ein Quick Win / Low Hanging Fruit für diejenigen, die 2025 loslegen wollen?
Aus unserer Erfahrung ist es am besten mit kleineren einfacheren Tools zu starten, die in der Anwendung und Implementierung im eigenen IT-System unkompliziert darstellbar sind und eine echte Vereinfachung bringen, wie etwa Übersetzungsprogramme, Recherchetools, KI-Chatbots und ähnliche Anwendungen. Damit bekommt jeder schnell ein Gefühl, was diese Art der Digitalisierung leisten kann, und erhöht auch unkompliziert die Bereitschaft zur Veränderung.
Interviewpartner:
Dr. Ivo Rungg ist Partner bei Binder Grösswang und leitet dessen IP/IT Team. Er ist spezialisiert auf geistiges Eigentum, Digital Law und Informationstechnologie. Dabei unterstützt er Unternehmen unter anderem bei Verfahren, Lizenzierungen und IT Verträge sowie Projekten betreffend IoT, AI und Cybersecurity. Des Weiteren ist Ivo Rungg Experte im Datenschutzrecht sowie dem Datenwirtschaftsrecht.