Contract Review mit AI

Lesezeit: 4 Minuten
von Sophie Martinetz (Legal Tech Expert) & Kristina Hofer (Senior Project Manager)


„AI kann in Zukunft JuristInnen in ihrer Arbeit gut unterstützen
Sophie Martinetz, Future-Law

Einer der Usecases von Legal in dem AI schon gängigen Einsatz findet, ist Vertragsprüfung. Verträge (oder Dokumente) werden zu unterschiedlichen Zeitpunkten über einen Vertragslebenszyklus hinweg geprüft. Dazu gibt es jeweils AI-unterstützte Software, teilweise auch auf LLM-basiert (Large Language Models), die der/dem Prüfer:in viel Zeit ersparen kann.

Zu Beginn des Vertragslebenszyklus werden Vertragsentwürfe geprüft. Oft von/m Vertragspartner:in einlangend sieht sich die Rechtsabteilung (oder ein/e Anwält:in) den Entwurf durch und gleicht ihn mit den (unternehmens-)eigenen Regeln bzw. dem eigenen Ermessen ab. Ergebnis ist üblicherweise ein redigierter (englisch: redline) Entwurf im Änderungsmodus in Word. AI-basierte Software kann diese Prüfung schnell durchführen: mit Natural Language Processing (NLP) werden alle Sätze im Vertrag semantisch analysiert und Abweichungen aufgezeigt. Es ist also keine Prüfung auf einzelne Wörter, sondern sozusagen eine Suche nach Inhalten unabhängig von der Formulierung. Die Abweichungen gegenüber den Regeln werden meistens in einem Ampelsystem dargestellt – von rot=geht gar nicht über orange=bitte checken bis grün=entdeckt und passt. Manche Tools können auch das Nicht-Vorkommen erforderlicher Klauseln aufdecken und einige wenige sogar vorschlagen, wo die fehlende Klausel im Dokument am besten eingefügt werden sollte.

Da das alles so standardisiert abläuft kann diese Art des Contract Reviews auch von der Rechtsabteilung an andere Abteilungen ausgelagert werden, z.B. Sales oder Procurement. Immer öfter gibt es auch Anwaltskanzleien, die ihren Klient:innen über eine White Label-Lösung des Softwareanbieters Prüfung von Verträgen anbieten. Die Rechtsabteilung bzw. der/die Anwält:in definiert die Regeln – entweder in einem sogenannten Playbook oder in einer Abstimmungsschleife mit dem Anbieter und früheren revidierten Beispielverträgen, mit denen der Anbieter sein Tool trainiert. Nur bei roten oder orangen Anmerkungen muss dann die Rechtsabteilung überhaupt involviert werden bzw. gelangt der Fall an eine/n Anwält:in, die dann den Vertrag überarbeitet.

Standardisierung ist hier jedoch die kritische Variable, AI-basierte Tools funktionieren heute für standardisierte Regeln an standardisierten Verträgen (NDAs und DPAs sind die üblichsten) und rechnen sich über die Masse an Dokumenten, die geprüft werden. Individuelle spezifische Verträge zu prüfen ist der nächste Entwicklungsschritt und wird dann vermutlich über LLM-basierte Chatbots laufen.

Was aber heute bereits sehr gut auch noch über die bestehenden Contract Review-Lösungen geprüft werden kann, ist eine große Menge an Verträgen oder Dokumenten. Im Vertragslebenszyklus sind wir jetzt bei den bereits unterzeichneten Verträgen, also dem eigenen Vertragsportfolio (sprich der Ablage). Die im Vorfeld trainierte AI arbeitet gleich und sucht beispielsweise nach allen Dokumenten, die eine Klausel zur automatischen Vertragsverlängerung enthalten. Auf Basis von Mustern (Patterns) können außerdem Texte und Wörter gefunden werden, die nicht explizit im Trainingsmaterial enthalten waren. Etwas Vorsicht ist heute noch bei unsauberen Texten wie z.B. schlechten Übersetzungen geboten, hier ist es natürlich leicht, dass auch ein AI-Gehirn etwas nicht findet. Bei Due Diligences wird diese Art des Contract Reviews oft genutzt.

Von manchen Softwareanbietern wird in diesem Zusammenhang ein Chatbot mit (meistens) vordefinierten Fragen angeboten. Diese Funktion dient vor allem Nicht-Jurist:innen (z.B. den Mitarbeiter:innen der Sales-Abteilung) zum besseren Verständnis, z.B. um sich den Inhalt eines Vertrags zusammenfassen oder sich eine Klausel erklären zu lassen.

Fließen die Ergebnisse der durch Jurist:innen durchgeführten Korrekturen der AI-Prüfung wieder in die AI ein, lernt sie weiter. Durch dieses sogenannte unsupervised Learning wird die AI zwar gefühlt besser, jedoch reduziert sich über Zeit die Qualität der Daten und die AI-Ergebnisse werden langfristig meistens schlechter. In diesem Zugang unterscheiden sich auch Softwareanbieter, sowie auch in der User Experience und den Möglichkeiten der flexiblen und kollaborativen Einarbeitung von Inputs aus der Prüfung. Das mehr grundlegende Kriterium bei der Auswahl einer Contract Review-Software ist jedoch vor allem, ob man eine bereits trainierte AI möchte oder eine AI, die auf Basis der eigenen Wünsche (und Dokumentenbeispielen sowie Feedbackschleifen) trainiert wird. Und einen kleinen Wermutstropfen gibt es auch noch: der größte Anteil der AI-Software zu Contract Review ist heute (ausschließlich) englischsprachig.

Zukünftig wird sich die AI-basierte Unterstützung von Legal weiter ausweiten. Vor allem höhere Rechenleistungen, Verfügbarkeit von mehr Daten, bessere Algorithmen und verbesserte Software wird präzisere Ergebnisse und neue Möglichkeiten für Legal bringen.

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