Ist die digitale Zukunft im Rechtsbereich schon da?
16. Februar 2021
In ihrem Gastkommentar in der Wiener Zeitung gibt Sophie Martinetz Einblicke in eine Umfrage, die von Future-Law und LexisNexis unter Anwälten durchgeführt wurde.
Eine aktuelle Umfrage, die wir gemeinsam mit LexisNexis unter Anwälten durchgeführt haben, ergibt, dass 57 Prozent an Legal-Tech-Produkten interessiert sind. Das klingt an sich sehr versprechend.
Allerdings wird dann als konkretes Projekt allen voran der digitale Akt genannt. Heißt das im Umkehrschluss, dass all diese Befragten noch keinen digitalen Akt haben, ist hier alles noch in Papier? Dann sind wir bei Legal Tech wohl hier auf zwei von zehn Punkten (E-Mails werden ja bestimmt verschickt). Dass es hier dann große Skepsis gegenüber „der Digitalisierung“ gibt, wundert nicht. Die Welt teilt sich gerade in der Anwaltsbranche in „die Digitalisierten“ und die „Noch nicht Digitalisierten“ – fast die Hälfte der Befragten (46 Prozent) haben die Herausforderung, eine stabile technische Infrastruktur im Homeoffice zu gewährleisten. Und 40 Prozent der Befragten sehen sich bei der Auswahl von neuen digitalen Produkten (sehr) gefordert. Das freut mich, denn es zeigt, dass sie sich mit dem Thema intensiv auseinandersetzen: Also damit, welche Kriterien anwendbar sind oder welche Tools es am Markt gibt. Oder gibt es das eine Wundertool? Leider nicht. Der Legal-Tech-Markt ist stark zersplittert mit vielen speziellen Anbietern.
Allerdings gibt es sogar Kanzleien, die eigene Berechnungs-Tools zur Abdeckung der nötigen Kalkulationen für Härtefonds oder dergleichen entwickeln.
Digitalisierung betrifft jedoch nicht nur Prozesse und Tools, sondern vor allem Menschen. So sehen sich 33 Prozent der Befragten in ihren Managementfähigkeiten herausgefordert, um die Produktivität und Motivation der Mitarbeiter aus dem Homeoffice heraus aufrecht zu erhalten. Um in nächsten Schritt dann die Wünsche nach der Rückkehr ins klassische Büro zu managen.
Legal Tech kommt aber auch von anderen Seiten: Die Justiz treibt nun die Digitalisierung ebenfalls weiter, konkret mit der Einführung der elektronischen Akteneinsicht (eAkt) per 1. Mai 2020 in bezirks- und landesgerichtlichen Strafverfahren (U- und HV-Verfahren). Die eAkt stellt die wichtigsten Daten eines Gerichtsverfahrens in Form von PDF-Dokumenten dar. Das beinhaltet nicht nur Basisinformationen wie etwa Kläger, Beklagte, Beteiligte, Einbringungsdatum, Geschäftszahl und Verfahrensschritte und Entscheidungen, sondern auch die zum Gerichtsakt gespeicherten Schriftstücke und Beilagen. Nun können Rechtsanwältinnen und Notare als Parteienvertreter sowie Sachverständige erstmals die elektronische Einsicht in die Akten bezirks- und landesgerichtlicher Strafverfahren (U- und HV-Verfahren) nutzen.
Dies könnte zu neuen digitalisierten Arbeitsabläufen führen, die mehr Zeit erlauben für die inhaltliche Beurteilung. Und das ist ja das, was Anwältinnen und Anwälten bei der Arbeit am meisten Freude bereitet.
Die Digitalisierung und Legal Tech sind zwar hier, um zu bleiben, aber bei weitem noch nicht in allen Bereichen des Rechts angekommen. Es bleibt also spannend.